Für die meisten Westeuropäer ist Rumänien immer noch ein weißer Fleck auf der Landkarte, obwohl es so herrlich bunt und vielfältig ist – ein europäischer Schatz, den es zu bergen, zu zeigen und zu erhalten gilt.
Dies versuche ich mit literarischen Mitteln zu tun. Leser meiner 7-bändigen Nicolae-Saga lernen das Land aus Sicht meines jungen Titelhelden kennen: reiten mit ihm durch die ursprüngliche Bergwelt der Südkarpaten, lauschen den Geschichten der Bewohner eines in der Zeit stehen gebliebenen Karpatendorfs, tauchen mit Nicolae in das turbulente Bukarest des späten 19. Jahrhunderts ein und erkunden mit ihm die mystischen Wälder und Stätten seiner neuen Heimat. Dabei geht es auch über die walachischen Landesgrenzen hinaus nach Transsilvanien bis hoch in die Bucovina zu den wundervollen Moldauklöstern.
Meine Leser erfahren ebenfalls, warum man sich DREIMAL auf der Türschwelle bekreuzigen sollte, bevor man das Haus verlässt; warum eine Schwangere NIEMALS ins Feuer pusten darf oder warum man in allen Lebenslagen IMMER eine Kerze und Streichhölzer dabeihaben sollte.
Ja, auch von Wiedergängern und Werwölfen ist die Rede, denn das gehört zum Volksglauben nun einmal dazu.
Rumänien ist das Land, wo Märchen und Mythen zu Hause sind, wo Sagen und Legenden geboren und vor allem lebendig gehalten werden; und zwar in vielerlei Erzählungen und Geschichten, die seit Generationen weitergegeben werden.
Das Folkloristische fasziniert mich ebenso wie das Historische. Denn beides zusammen lässt ein annähernd authentisches Bild vom rumänischen Land entstehen. Darum beleuchte ich in meiner Nicolae-Saga stets beide Seiten.
Wie tragisch - oft auch grausam - die Historie eines Landes sein kann, das auf der anderen Seite Europas auf der Schwelle zum Orient liegt, habe ich während meines 15-jährigen Schreibprozesses und der damit verbundenen Recherche reichlich erfahren. Das unfassbare Leid, welches das Volk der Rumänen unter der Oberherrschaft der Osmanen, insbesondere durch die griechischen Abgesandten (Fanarioten) im 18./19. Jh. haben ertragen müssen, hat mir oft Tränen in die Augen getrieben. Es ist in etlichen Geschichten des einfachen Volkes dokumentiert, die den Auswirkungen der damaligen Politik ein Gesicht geben.
Auch die umliegenden Länder mit ihren unterschiedlichen Volksgruppen haben Rumänien mitgeprägt und nicht nur sprachliche Spuren hinterlassen. Und doch konnte es sich seine Eigenheiten und Traditionen über all die Jahrhunderte hinweg bewahren.
Das "Rumänentum" zu erfassen war eine gewaltige Aufgabe. Dabei habe ich stets den historischen Hintergrund sowie den Volksglauben im Blick behalten. Neben dem orthodoxen Christentum steht der Glaube an die Mächte der Natur, einhergehend mit archaischen Bräuchen - und dem Erbe der Daker.
Die rumänische "Volksseele" in die Nicolae-Saga mit einzuweben, war mir ein Herzensanliegen, denn sie ist wie das Salz in der Suppe. Ohne sie würde etwas Wesentliches fehlen.
Was haben die Daker - das "Ursprungsvolk" der Rumänen - mit den Kelten zu tun?
Wieso reißen die Römer bei ihrem Abzug aus Dakien - im wahrsten Sinne des Wortes - alle Brücken hinter sich ab, lassen aber ihre Sprache da?
Warum bringt der mittelalterliche Walachenfürst Vlad III., genannt Ţepeş (Pfähler), heute noch das Blut der Siebenbürger Sachsen zum Brodeln, während die Rumänen ihn als Helden feiern?
Wieso sitzt ab 1866 ein Hohenzollern auf dem rumänischen Thron und wird eine dichtende deutsche Prinzessin vom Rhein Landesmutter?
Was hat es damit auf sich? Wie ist es dazu gekommen? Und wieso schlagen die Historiker bei diesen Themen mit verbalen Keulen aufeinander ein?
Fragen über Fragen, denen ich in der Nicolae-Saga auf den Grund zu gehen getrachtet habe. Doch der Antworten gibt es vielerlei!
Ein buntes Völkergemisch lebte (und lebt) im heutigen Rumänien. Ein jedes Völkchen pflegt seine Traditionen und erzählt seine Geschichten. Und doch "leben sie nur nebeneinander, statt miteinander ...", stellt meine Protagonistin Judith in Nicolae- Jenseits der Wälder fest.
In Band 3 geht es nämlich über die Landesgrenzen der Walachei hinaus nach Transsilvanien, in das hügelige fruchtbare Hochland des Karpatenbogens, zu den Siebenbürger Sachsen.
Die wundervolle Stickerei der folkloristischen Blusen sieht für unser westliches Auge auf den ersten Blick einfach nur "bunt" aus. Aber jede Region hat ihre eigenen Farben und Muster: das gilt ebenso für die Motive auf Töpfereien und Holzarbeiten, für die Bauweise von Häusern und Zäunen sowie für Sitten und Bräuche. Ganz zu schweigen von traditionellen Speisen, um deren Urheberschaft herzlich gestritten wird. In der Tat schmecken die Sarmale (Krautwickel) jedes Mal ein wenig anders, je nachdem in welcher Region des Landes man sich aufhält.
Auch die Dienerschaft auf Schloss da Laruc entstammt verschiedenen Volksgruppen. Sie alle bereichern Nicolaes Leben mit ihren unterschiedlichen Mentalitäten und Geschichten und haben ihm gerade dadurch seine rumänische Heimat in seiner Einzigartigkeit nähergebracht. Denn Rumänien ist nicht nur das Land voller Wunder, sondern auch das Land der Geschichten und Balladen.
Allerdings eignen sich nicht alle, zu Papier gebracht zu werden, denn ...
"vieles hängt davon ab, wer sie, wann, wo und vor allem wie erzählt. Wenn zum Beispiel der alte Mihai mit seiner stets etwas heiseren Stimme eine Legende erzählt und einen dabei ganz verschmitzt über seinen Zwicker hinweg anblinzelt, hat dies eine ganz andere Wirkung, als wenn Ludwina mit ihrem fröhlichen Wesen die Wörter tanzen lässt oder Elena mit ihrer sanften dunklen Stimme eine Doina singt. Und auch das ganze Drumherum, ob wir alle um den Kachelofen in der Gesindestube hocken oder vor dem prasselnden Kaminfeuer im kleinen Salon sitzen und uns von Papas Stimme in eine andere Welt entführen lassen, das alles lässt sich gar nicht beschreiben. […] Eine Erzählung ist so viel lebendiger, wie es Buchseiten niemals sein können."
(Nicolae in Band 3 - Jenseits der Wälder)
Es versteht sich von selbst, dass es sich auf den folgenden Seiten um meinen ganz persönlichen Blick auf das Land handelt. Negativpresse gibt es genug und wird von bestimmten Gruppen unermüdlich gespeist. Selbst TV-Journalisten scheinen eine unbändige Lust entwickelt zu haben, das sprichwörtliche Haar in der rumänischen Suppe zu zeigen, statt die köstlichen Zutaten, aus denen sie gekocht wird. Wer künstlerisch-intellektuell was auf sich hält, hält die Kamera selbstverständlich auf das Hässliche - ob Fabrikruinen, bröckelnde Häuserfassaden oder Müllhalden, gerne auch auf zahnlose Bauerngesichter, damit der gemeine Westeuropäer seine Vorurteile einmal mehr bestätigt sieht und sich selbstzufrieden in seinem Sessel zurücklehnen kann.
Daher halte ich es für dringend geboten, das Schöne und Einzigartige Rumäniens zu zeigen, also das, was Sie so gut wie nie zu sehen bekommen. Denn daraus besteht das Land um ein Vielfaches mehr. Es liegt ein Zauber in ihm, der bei uns längst verflogen ist.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Entdecken neuer Seiten
und Ansichten des wundervollen Karpatenlandes
Ihre Aurelia
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